Shabby Chic ist ein absonderlicher Einrichtungs-Trend. Ich würde sagen, eine Geschmacksverirrung. Die Gegenstände, die unter diesem Label im Internet gezeigt werden, sind meistens keines von beidem: weder richtig schäbig (shabby) aber noch viel weniger chic. Eifrige Modemäuschen sind offenbar nicht zu bremsen in dem Drang, Möbel und Schnickschnack mit weißer Farbe zu übertünchen und im Reigen mit Trockenblumen, Spitzendeckchen und Tüllgardinchen zu präsentieren.
Die Vorstellung, dass auf diese Weise auch edle alte Wurzelholzfurniere unwiederbringlich verdorben werden, ist mehr als gruselig.
Natürlich könnte ich sagen, was geht`s mich an, und endlich zu meinem eigentlichen Thema kommen. Okay, also, …:
Die Dielen
Während der Verputzerei wollte ich sie vor Sand und anderen Strapazen bewahren, und hatte deshalb das in den letzten Jahrzehnten aufgebrachte PVC und Laminat erst mal drauf gelassen. Nun ist das kleine Zimmerchen im ersten Stock soweit fertig. Der Maler riet mir, den Fußboden klar zu machen, bevor ich die Wände streiche. Das war offenbar ein guter Tipp. Unter dem Laminat kam in diesem Raum nicht PVC, sondern Fließestrich zutage. Der war schon gebrochen, also gab es kein Zurück mehr. Der Estrich musste raus.
Ziemlich ernüchternd, dass es kein Ende zu nehmen scheint mit dem Staub und Dreck im Haus und ich nun wieder Schutt wegfahren muss. Dabei hatte ich gehofft, dass ich das kleine Zimmer nächste Woche würde einrichten können. Doch was unter dem Estrich zutage kam, stellt mich vor wieder neue Herausforderungen.
Die Überraschung: schön und schrecklich
Mit einer Breite von 20 bis 25 Zentimetern sind die Dielen trotz ihres schlechten Zustands ziemlich eindrucksvoll. Sie müssen lange begangen worden sein, denn sie sind an vielen Stellen ausgetreten. Die Ast-Ansätze stehen als kräftige Hubbel hervor, denn sie sind härter als das übrige Holz. Der Boden hat das Profil einer Dünenlandschaft. Zudem ist der Grundriss des Raums nicht rechteckig, sondern trapezförmig. Die Dielen aufzunehmen und umzudrehen, in der Hoffnung, dass die Rückseite vielleicht glatter ist, scheidet daher aus. Außerdem sind sie an einigen Stellen, vor allem vorne an der Tür, der Länge nach gerissen.
Die Dielen haben das Etikett „Shabby“ wirklich verdient. Fehlt aber noch der Chic.
Ich habe mir einen Exzenterschleifer ausgeliehen. Wie viel muss ich abschleifen, um zwischen Huckelpiste und „glatt wie ein Kinderpopo“ den goldenen Mittelweg zu finden? Auf keinen Fall möchte ich, dass die Dielen nachher „wie neu“ aussehen.
Schönes altes Wort: ausspänen
Neben der Oberfläche sind auch die Zwischenräume zu bearbeiten. Die Fugen zwischen den einzelnen Dielenbrettern sind bis zu 12 Millimeter breit und teils mit Holzleisten, teils mit einem undefinierbaren bröseligen Material gefüllt.
Im Forum von fachwerk.de habe ich recherchiert, dass man die Fugen ausspänt. Dazu muss man sie erst mit der Oberfräse sauber ausschneiden. Dann werden Holzleistchen von der entsprechenden Breite zurechtgeschnitten und in die Fugen eingeklebt. Dabei wird mir ein Freund helfen, der das schon mal gemacht hat. Danach kann ich die Dielen abschleifen und ölen. Oder sollte ich sie weiß lasieren, damit sie ganz sicher als „shabby chic“ gelten dürfen?
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