(Stimmt, Alice, es ist ein Fachwerkhaus)
Ein Kommentar der Bloggerin und Fachwerkhaus-Eigentümerin Alice Scheerer hat mich drauf gestoßen: Einige wichtige Wendungen in meiner Haus-Story habe ich hier nicht erklärt, sondern geradezu verheimlicht. Es sind vor allem die heiklen Themen, mit denen ich mich nicht hervorgewagt habe. Dazu gehörte die Erkenntnis, dass ich mir versehentlich ein Fachwerkhaus ans Bein gebunden habe.
Ich wollte nie ein Fachwerkhaus. Schon die Körpergröße meines lieben Ehemannes spricht gegen ein Hutzelhäuschen mit niedrigen Decken. Und mehr noch die Schäden, die der Zahn der Zeit an Holz und Lehmgefachen hinterlässt.
Aber Fachwerk ist nicht gleich Fachwerk, und meins ist es eben auf besonders diskrete und außerdem auch nur teil-Weise.
Folge I: Die Schwelle
Als hinter Styropor und Gipskarton der im letzten Artikel erwähnte Schwellbalken hervor kam, rutschte mir das Herz in die Hose. Vor allem als ich unter der Schwelle so etwas wie Blumenerde vorfand und mit den bloßen Fingern kleine weiche Stückchen vom Holz abpulen konnte. Ich habe ja schon sehr marode Hütten gesehen, ich kann mir sehr gut vorstellen, wie schnell man sich ruinieren kann. Etwa, wenn diese Schwellen verfault sind und ausgetausch werden müssen. Ich rief den Zimmerer wie man einen Notarzt ruft. Der Zimmerer drosch ein paar mal mit dem Hammer auf den Balken und verkündete dann strahlend: „kerngesund!“.
Putz auf Holz – aber welcher Putz?
Wie aber ein solches Bauteil im Hochwasserbereich für die Zukunft zu präparieren ist, konnte er mir nicht genau sagen. Ich würde den Balken, ja, eigentlich fast alle Balken, die im Lauf der Entkernung ans Licht gekommen sind, gern wieder unter Putz verschwinden lassen. Und zwar ohne befürchten zu müssen, dass sie beim nächsten Hochwasser oder früher zu faulen beginnen. Ich habe also seitdem viele Stunden im Internet recherchiert, bis der Baustoffhändler meines Vertrauens mir ein paar plausible Informationen gab.
Man könnte ja nun sagen, lass alles wie es war, bisher ist das Haus ja auch stehen geblieben. Aber das stimmt nicht ganz. Ein Teil der Schwelle fehlt bereits, an der Stelle sind Backsteine. Allenthalben ist an dem Haus herumgeflickt worden, zum Teil mit sehr fragwürdigem Ergebnis.

Auf den folgenden Nahaufnahmen erkennt man ganz gut, wie sich frühere „Sanierungen“ hier ausgewirkt haben.
Zwischen den verschiedenen Schichten der Wand war es so feucht, dass hier Flechten wachsen konnten.

Diese Ecke wurde mit Zement „verstärkt“. Das scheint dem Holz nicht gut bekommen zu sein. Entlang der Zement“-fuge“ ist das Holz weggefault. Ich konnte es mit den Fingern herunterbröseln.

Alles kein Drama. Aber …
Ich könnte nun alles mit Zementputz wieder zuspachteln. (Ich vermute, dass etliche andere Häuser in der Nachbarschaft genau so „saniert“ wurden.) Es würde ohne weitere Probleme die nächsten dreißig Jahre halten. Und was danach ist, könnte mir egal sein. Aber zufriedenstellen würde mich das nicht. Ich versuche also, eine nachhaltige Lösung zu finden. Zum Beispiel soll Kalkputz um einiges besser für Fachwerkhäuser sein als Zementputz. Das ist nur den Handwerkern, die verputzen sollen, nicht zu vermitteln. Zwei der Innenwände habe ich deshalb mal probehalber mit Zementputz verputzen lassen. Der Geruch des frischen Putzes ist widerlich und lässt erst jetzt, zwei Wochen nach der Verarbeitung, langsam nach. Dieses Experiment möchte ich nicht fortsetzen. Zum Glück müssen ja auch nicht alle Wände neu verputzt, sondern die meisten nur ausgebessert werden.
Die gröbsten Lücken zwischen Holz und Mauerwerk habe ich inzwischen selbst mit Kalkdämmputz verspachtelt. Der Kalkputz ist diffusionsoffen und lässt das Holz, falls es mal wieder nass wird, schneller trocknen. Auch ist er geruchlos.
Liebe Katrin,
also Fachwerk im Erdgeschoss würde ich auch nicht unbedingt haben wollen. Unser Erdgeschoss ist (… unseres Wissens nach … ) gemauert.
Im gemauerten Bereich haben wir schon mit Kalkzementputz verputzt. Der ist wohl auch einigermaßen diffusionsoffen. Wolfgang hat ihn mit Sand und Sandsteinbröseln aus der Mauer gestreckt. Der Sand soll den Putz weniger starr und damit unempfindlicher gegen Erschütterungen machen. Die Laster sind zwar durch den Umgehungstunnel weniger geworden, aber die Busfahrer legen sich immer noch ins Zeug, um sie würdevoll zu ersetzen. Kalkzement-Putzreste sollte man übrigens nicht abwaschen, sondern trocknen lassen. Oder gleich mit Handschuhen arbeiten. Sonst können sich fiese offene Stellen und später Narben bilden.
So weit ich mich erinnern kann, erklärte uns einmal eine Denkmalpflegerin, dass nur zwei Innendämmaterialien im Fachwerk erlaubt sind: Lehm (als Verputz oder als Platten) und Calciumsilikat-Platten.
Vermutlich ist ein Denkmalpfleger der beste Ansprechpartner, wenn es um Materialtipps geht. Oder eben ein erfahrener Bauunternehmer.
Gibt es denn wirklich keine dynamischen Öko-Bauunternehmer oder fortbildungswilligen Traditionsunternehmer in Deiner Gegend? Das ist ja ein Kreuz.
Liebe Grüße aus dem endlich wieder beheizbaren Fachwerkhaus
Alice
Liebe Alice,
ganz herzlichen Dank für diese Infos. Ich hoffe, Du nimmst mir mein Fachwerkhaus-Bashing nicht übel. Grundsätzlich finde ich sie ja sehr sympathisch, allerdings die Entscheidung, es mit einer Fachwerk-Sanierung aufzunehmen auch sehr mutig.
Dass die Denkmalpflegerin Holzfaserplatten nicht als Innendämmung für Fachwerk sieht, erstaunt mich. Im EG und oben im Bad plane ich zwar sowieso Caliciumsilikat-Platten zu verwenden, in den beiden Schlafzimmern aber wollte ich Holzweichfaser nehmen. Nun gibt es ja Unterschiede zwischen verputztem und Sichtfachwerk sowie zwischen ausgemauertem (wie bei mir) und solchem mit Lehmgefachen. Vielleicht bezieht sich die Empfehlung der Denkmalschützerin auf letzteres.
Habt Ihr denn innen mit Kalkcasein-Farbe gestrichen? Soweit ich weiß ist das ja der adäquate Abschluss der denkmalgerechten Sanierung und auch für mich voraussichtlich das Mittel der Wahl.
Liebe Grüße
Katrin
Wie auch immer, bevor ich ans Dämmen gehe, muss ich ja erst die Wände reparieren.
Hallo und Beileid zu dem großen Haufen Arbeit. Das was hier als Flechten identifiziert wurde, ist ein Pilz und so wie dieser Pilz durch und hinter dem Putz wächst tippe ich auf den echten Hausschwamm. Das bedeutet da muss eine Fachfirma ran ansonsten kommt der Pilz immer wieder.
VG
Hallo Tobi,
Sie jagen mir ja echt Angst ein. Allerdings, wenn ich mir Fotos vom Hausschwamm anschaue, die haben mit dem was wir hier sehen, keine Ähnlichkeit. Und wenn ich den Hausschwamm übersehen hätte, der Zimmerer hätte ihn definitiv erkannt.
Ich habe aber auf Ihre Warnung hin noch mal recherchiert: Es könnte sich bei diesem Gewächs um einen Braunen Kellerschwamm handeln. Allerdings sicher kein lebendiges Exemplar. Ich habe auch nirgendwo einen Fruchtkörper gefunden. Das Holz ist nicht (mehr) so feucht, dass dieser Schwamm da noch wachsen könnte.
Trotzdem danke für den Hinweis.
Hallo,
ich will Ihnen natürlich keine Angst machen. Ein kleiner Test der sich leicht durchführen lässt ist folgender: getrocknetes Myzel (also das Geflecht) zerbrechen. knackt es wie ein kleiner Ast, würde ich mikrobiologisch abklären lassen was es ist, denn dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um den Hausschwamm handelt. Die Bilder im Internet zeigen oft die Fruchtkörper vom Hausschwamm. Das Myzel kann man nicht einfach so von anderen unterscheiden. Allerdings hat der Hausschwamm die Fähigkeit weite Strecken durch Mauerwerk zu wachsen und das ist genau das was ich auf Ihren Bildern sehe. Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass es kein echter Hausschwamm ist. Ich habe selber so meine Erfahrung mit ihm.
VG
Danke für die Anleitung, tobi. Nur leider ist dieses Gewächs längst wieder in der Wand verschwunden. Es kam eine Innendämmung aus Mineralschaumplatten auf die Wand und darüber die Wandheizung.
Und, wie gesagt, der Zimmerer diagnostizierte, die Schwelle sei solide. Ich habe auch nirgendwo Würfelbruch feststellen können oder irgendwelche anderen Indizien.
Ich werde die Augen offen halten, aber falls es ein Hausschwamm wäre, würden wohl einige Jahre vergehen, ehe er irgendwo wieder ans Licht käme.
Hätten Sie dieses Foto früher gesehen, dann wäre ich der Sache auf den Grund gegangen. So aber – hoffen wir das Beste.