Wände entblättern

Über die Vielschichtigkeit von Fußböden in Altbauten hatte ich hier schon mal philosophiert. Inzwischen haben mich auch die Wände durch ihre enorme Materialvielfalt überrascht.
Über die Jahrzehnte hatten die Hausbewohner offenbar immer wieder versucht, die dünne Fachwerkwand mit den jeweils zeittypischen Materialien zu verstärken. Im Erdgeschoss, wo ich solides Mauerwerk vermutet hatte, kamen unter der Tapete (in der Reihenfolge ihres Erscheinens): – Alufolie – Pappe – Styropor – Gipskarton – Putz – Teerpappe/Streckmetall hervor.
Dahinter kamen schließlich die mit Backstein ausgemauerten Gefache zutage (hinter der Teerpappe das Schwellholz, hinter dem Streckmetall die Backsteine).

aufgebrochene Wand, bestehend aus diversen Baumaterialien
Innenseite der Außenwand im Erdgeschoss. Auf den Putz der urspünglichen Fachwerkwand brachte man nach und nach: Streckmetall mit weiterem Putz, Styropor, Gipskartonplatte, Alufolie und schließlich die Tapete auf.

Es war schon deutlich zu sehen, dass diese „Verpackung“ der ursprünglichen Baususbstanz nicht gut tut. Der Schwellbalken (hat nichts mit Schwellkörpern zu tun, sondern ist die Holzschwelle, auf die Wand steht – siehe Foto) war an einigen Stellen schon angefault. Vermutlich weil das Holz unter Teerpappe und Styropor nicht mehr richtig trocknen konnte.

Dunkler Holzbanken am Fuß der Innenwand.
Schwelle und ein bisschen „Humus“: die braunen Brösel sind ein Zeichen für Fäulnis. Ab jetzt soll die Schwelle wieder trocknen können.

Deshalb war es wichtig, die Holzkonstruktion freizulegen. Das betrifft aber zum Glück nur das Erdgeschoss (vermutlich in Folge eines Hochwassers). Weiter oben sind die Wände weitgehend trocken, bis auf zwei, drei Stellen im Kniestock, wo möglichwerweise das alte Dach undicht gewesen war.

Weil die Fachwerkwände so „gut verpackt“ waren, hatte ich anfangs gedacht, das Haus wäre komplett gemauert. Beim Versuch, die Substanz der Wände zu prüfen, hatte ich mir vor einem Jahr eine der wenigen Wände ausgesucht, an denen der Putz bombenfest sitzt. Das Ergebnis war überhaupt nicht aussagefähig, wie sich inzwischen gezeigt hat. Denn an vielen Stellen war der Putz lose und muss nun erneuert werden. Und das wird mich noch eine Weile beschäftigen.

3 Kommentare

  1. Na, dann bist Du ja jetzt ebenfalls Fachwerkhaus-Besitzerin 🙂
    Innenwanddämmung ist sozusagen die Königsdiziplin der Fachwerksanierung. Daran haben wir uns auch noch nicht getraut.

    Liebe Grüße vom Neckar

    Alice

    1. Liebe Alice,
      mein Haus ist offenbar ein Zwitter. Die Vorderseite ist eine ausgemauerte Fachwerkkonstruktion und die Rückseite zumindest vom 1. OG aufwärts Fachwerk. Die Seitenwände allerdings sind massiv gemauert. Jedenfalls bin ich dort noch auf kein Holz gestoßen.
      Da die Nachbarhäuser seitlich angebaut sind, ist wohl auch die Innendämmung leichter zu händeln: Mein Haus hat keine Außenecken, an denen die Kälte von zwei Seiten kommt. Trotzdem habe ich Respekt vor dem Thema Innendämmung. So wie ich es jetzt geplant habe, dürfte eigentlich nichts schief gehen. Aber die Ausführung kommt eben erst noch – und wer weiß mit welchen neuen Herausforderungen.
      Herzliche Grüße
      Katrin

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